Eigentlich hat die Europäische Union das Erbrecht gut geregelt. Eigentlich!
Der „gewöhnlichen Aufenthalt“ ist dabei das entscheidende Kriterium. Erfolgte z.B. ein Umzug in ein Pflegeheim nach Tschechien so ist der gewöhnliche Aufenthalt in Tschechien und damit ist die Gerichtsbarkeit in Tschechien zuständig.
War der/die BwohnerIN im Seniorenheim in Tschechien geistig fit kann davon ausgegangen werden, dass das Gericht in Tschechien den Erbschein ausstellen wird.
Wir haben jedoch Kenntnis von Fällen bei denen das Gericht im Gastland (hier Tschechien) die Zuständigkeit mit der Begründung abgelehnt hat, dass der/die BewohnerIN aufgrund von z.B. Demenz gar nicht in der Lage war den Aufenthaltsort bewusst und selbstbestimmt zu wählen. Entsprechend geht das Gericht davon aus, dass der gewöhnliche Aufenthalt nach wie vor das Heimatland ist und dort der Erbschein zu beantragen ist. Das Gericht in Deutschland betrachtet aber, ungeachtet einer geistigen Einschränkung des ehemaligen Bewohners den Wohnort des Pflegeheims in Tschechien als gewöhnlichen Aufenthalt und lehnt die Ausstellung des Erbscheins ebenfalls ab.
Der Erbschein wird also weder vom Gericht in Tschechien ausgestellt noch vom Gericht am ehemaligen Wohnort im Heimatland.
Die Folge: ohne Erbschein kein Erbe.
Ein Albtraum für die Erben, weil der Nachlass blockiert ist, weil kein Gericht in der EU über ihn entscheidet und keine verbindliche Verweisung innerhalb der EU existiert (siehe dazu Art. 17 der EuErbVO, der allerdings nur die Situation, wenn sich zwei Gerichte innerhalb der EU zuständig erklären, aber nicht die Situation regelt, dass sich kein Gericht zuständig erklärt). Die zweite Situation kann nur durch Rechtsmittel in beiden Ländern gelöst werden. Unserer Meinung gilt als Grundregel, dass der Todesort auch der gewöhnliche Aufenthalt war, wenn der Tod dort eintrat, wo auch der Erblasser die letzten Jahre faktisch gelebt hat (d.h. nicht bei einer einmaligen Urlaubsreise oder einem kurzfristigen Arztbesuch an den Todesort).
Wenn der Erbfall noch nicht eingetreten ist, sollte der Erblasser unbedingt noch ein Testament errichten, wenn er dies noch kann. Wenn der Erblasser schon dement ist oder der Erbfall schon eingetreten ist, dann empfiehlt sich ein rascher Kontakt mit dem nach der EuErbVO zuständigem Gericht über einen kompetenten Anwalt in diesem Land. Quelle: Tschechien: Der intraeuropäische Demenztourismus als Problemfall unter der EuErbVO Nr. 650/2012 Stephan Heidenhain, Rechtsanwalt
Aus unserer Sicht muss der gewöhnliche Aufenthalt klar definiert werden damit im Ablebensfall entweder das Gericht am Heimatort oder das Gericht am letzten Wohnort (Seniorenheim / Pflegeheim im Ausland - EU) für zuständig erklärt wird.
Bei einem Umzug in eine soziale Einrichtung, z.B. in ein Land Osteuropas sollte das Testament ergänzt werden mit der Erklärung nach welchem Recht der Erbfall behandelt werden soll und welches Gericht zuständig sein soll.
Autor: Artur Frank SENIORPALACE