Der Moment, in dem die Entscheidung fällt, einen geliebten Menschen in ein Pflegeheim zu geben, ist selten leicht. Für viele pflegende Angehörige ist es ein emotionaler und mentaler Kraftakt, der mit Schuldgefühlen, Ängsten und einem tiefen Gefühl des Zwiespalts einhergeht. Die Entscheidung, die für den Pflegebedürftigen am besten ist, bedeutet für die Angehörigen häufig einen Balanceakt zwischen dem Wunsch, das Beste zu tun, und dem, was gesellschaftlich von ihnen erwartet wird.
Für pflegende Angehörige ist der Umzug ins Pflegeheim oft der letzte Schritt, nachdem sie lange Zeit versucht haben, ihre Lieben zuhause zu versorgen. Auch wenn sie wissen, dass es die beste Entscheidung für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Pflegebedürftigen ist, kommen Gefühle von Schuld und Traurigkeit auf. Der Gedanke, einen Menschen, den man jahrelang gepflegt hat, nicht mehr täglich in den eigenen vier Wänden zu haben, belastet viele. Es entsteht eine innere Zerrissenheit: Ist man als Angehöriger schwach oder egoistisch, weil man diese Verantwortung nicht länger alleine tragen kann?
Was oft zusätzlich erschwert, ist die Reaktion des Umfelds. Während einige Freunde und Familienmitglieder Verständnis zeigen, gibt es leider immer noch viele, die Vorurteile gegenüber Pflegeheimen hegen. Dabei spielt es eine eher untergeordnete Rolle, ob sich diese Pflegeheime in der Slowakei, Tschechien, Ungarn oder im Heimatland befinden. In vielen Gesellschaften besteht immer noch das Stigma, dass man jemanden in ein Heim abschiebt, anstatt sich um ihn zu kümmern. Solche Reaktionen können den inneren Druck verstärken und dazu führen, dass sich die pflegenden Angehörigen noch isolierter fühlen.
Doch es ist wichtig zu verstehen: Die Entscheidung, ein Pflegeheim in Erwägung zu ziehen, bedeutet nicht, dass man den geliebten Menschen aufgibt. Es geht darum, die beste Pflege zu gewährleisten – manchmal auf eine Weise, die zuhause nicht mehr möglich ist. Immer öfters spielt die Finanzkraft der Familie eine mitentscheidende Rolle.
Dies alles verursacht einen immensen Druck, der nur verstehen kann, der selbst in einer ähnlichen Situation war.
Auch der Pflegebedürftige selbst wird auf den Umzug reagieren. Für viele ältere Menschen ist der Schritt in ein Heim mit vielen Ängsten verbunden. Die Veränderung der gewohnten Umgebung kann Verunsicherung und Trauer hervorrufen. Trotzdem kann es auch sein, dass ein Pflegeheim für den Betroffenen ein sicherer Ort wird, an dem er nicht nur medizinisch versorgt wird, sondern auch neue soziale Kontakte knüpfen kann. Für den pflegenden Angehörigen ist es wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, dass der Übergang für den Pflegebedürftigen ebenfalls eine große Herausforderung darstellt. Ein behutsamer, einfühlsamer Umgang und eine gute Kommunikation können hier helfen, diesen Schritt für alle Beteiligten leichter zu machen.
Der Gedanke, den Pflegebedürftigen in ein Heim zu geben, ist besonders schwer, wenn das Heim weiter entfernt ist. Es stellt sich die Frage: Wie oft kann ich noch vorbeischauen? Wie werde ich ihm nahe sein, wenn die tägliche Nähe nicht mehr möglich ist?
Auch hier ist es wichtig zu erkennen, dass die Nähe nicht nur durch physische Besuche entsteht. Die regelmäßige Kommunikation, sei es durch Anrufe, Videochats oder andere Formen der Verbindung, kann den Pflegebedürftigen ebenfalls unterstützen. Auch wenn die regelmäßigen Besuche vielleicht nicht mehr täglich möglich sind, ist die Beziehung auf andere Weise lebendig und wertvoll. Die Besucher unseres Seniorendomizils in Ungarn bleiben schon mal mehrere Tage vor Ort und sorgen so für familiäre Gemeinschaft.
Ein weiterer, oft übersehener Aspekt ist die eigene Gesundheit der pflegenden Angehörigen. Die Pflege eines Angehörigen ist eine körperliche und emotionale Herausforderung, die über längere Zeiträume hinweg nicht nur an die physischen, sondern auch an die psychischen Grenzen führen kann. Häufig vernachlässigen pflegende Angehörige ihre eigenen Bedürfnisse, bis sie selbst erschöpft sind – sowohl körperlich als auch seelisch. Es ist keine Seltenheit, dass sich pflegende Angehörige irgendwann selbst Pflegebedürftigkeit einhandeln, weil sie zu lange an ihre eigenen Grenzen gegangen sind und sich bei der Pflege eines Angehörigen selbst verloren haben..
Deshalb ist es wichtig, sich regelmäßig selbst zu hinterfragen: „Kann ich weiterhin die beste Pflege leisten, die mein Angehöriger braucht, oder komme ich an meine eigene gesundheitliche Grenze durch diese Aufgabe? Manchmal ist es ein Akt der Selbstfürsorge, sich zu erlauben, die Verantwortung zu teilen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Am Ende bleibt die Frage: Wie trifft man eine Entscheidung, die alle Perspektiven berücksichtigt und die beste Lösung für den Pflegebedürftigen und auch für sich selbst bietet?
Es gibt keine einfache Antwort, aber es gibt Möglichkeiten, diese Entscheidung so gut wie möglich zu treffen. Ein erster Schritt kann sein, sich die Zeit zu nehmen, sich umfassend zu informieren. Gespräche mit Fachleuten wie Ärzten, Pflegeberatern wie Seniorpalace oder Psychologen können helfen, alle Aspekte der Pflege und die verschiedenen Angebote abzuwägen. Eine offene Kommunikation mit dem Pflegebedürftigen – soweit möglich – ist ebenfalls entscheidend.
Es kann auch hilfreich sein, sich Unterstützung von anderen Angehörigen oder Freunden zu holen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Gemeinsam kann man sich stärken und den Weg zur bestmöglichen Lösung ebnen.
Die Entscheidung, einen Angehörigen in ein Pflegeheim zu geben, ist nie einfach. Doch es ist wichtig zu erkennen, dass diese Entscheidung nicht das Ende einer Beziehung ist. Vielmehr ist es eine Chance, dem geliebten Menschen die bestmögliche Versorgung zu ermöglichen und gleichzeitig die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden zu schützen.
Letztlich geht es darum, Verantwortung mit Liebe und Weitsicht zu tragen und sich die Zeit zu nehmen, die beste Lösung für alle Beteiligten zu finden. Eine gute Entscheidung ist eine, die den Pflegebedürftigen unterstützt, aber auch den pflegenden Angehörigen hilft, mit den Herausforderungen der Pflege in Einklang zu bleiben.
© Artur Frank